Wie ein E-Bike fürs Gehirn

  Rückblick auf eine Veranstaltung des Netzwerks SCHULEWIRTSCHAFT Heidelberg/Rhein-Neckar-Kreis | Heidelberg/Rhein-Neckar Kreis

Wie ChatGPT & Co. Schule und Arbeit verändern

Am 24.03.2023 fand die Online-Veranstaltung "ChatGPT & Co. - Wie KI Schule und Beruf verändert" statt, die vom regionalen Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT Heidelberg / Rhein-Neckar-Kreis organisiert und ausgerichtet wurde. Dass das Thema Künstliche Intelligenz nach wie vor für viel Aufsehen und Furore sorgt, wurde durch die hohe Teilnehmendenzahl von knapp 150 Interessierten deutlich. Geboten wurde Input und Austausch zum Thema Künstliche Intelligenz in der Schule, in der Berufsorientierung und beim Arbeitseinstieg. Als Referenten waren Tim Kantereit, Lehrer und Ausbilder von Lehrkräften am Landesinstitut für Schule der Stadt Bremen, sowie Jutta Schneider von Helliwood geladen. Die beiden gaben zunächst einen Einblick in die Potenziale von KI im Bildungsbereich und diskutierten mit den Teilnehmenden, wie KI in der Schule eingesetzt werden kann. Anschließend wurde auch der Einfluss von KI auf die Arbeitswelt thematisiert und wie dieser z.B. mit Hilfe der Future Skills Box auch im Unterricht mit Jugendlichen behandelt werden kann.

Tim Kantereit, der sich Anfang 2023 als einer der ersten im Kontext Schule in das Potential von ChatGPT & Co. im Unterricht eingearbeitet und sich vor allem im Netz auf Blogs und Social Media einen Namen gemacht hat, veranschaulichte anhand von Beispielen, wie einfach mit Hilfe der KI etwa Arbeitsblätter für den Unterricht erstellt werden können. Diese wirken oft druckreif, doch inhaltlich heißt es, stets wachsam zu sein. Denn ChatGPT erfindet gerne auch Details zu einem Thema dazu, die zwar in Formulierung und Kontext passend, doch der Sache nach nicht korrekt sind. Daher ist es bei allen Texten, die von KI erstellt werden, unerlässlich, diese kritisch zu prüfen und sich am besten bereits sehr gut in der Materie auszukennen, um zur notwendigen kritischen Überprüfung in der Lage zu sein. Als Fachdirektor für Mathematik merkte Kantereit an, dass ChatGPT hier nach Nachhilfebedarf habe. Die KI könne eine Mathe-Prüfung für den Realschulabschluss mit Fehlern bewältigen, aber bei höherer Mathematik wie im Abitur scheitere sie. Beim Thema Mathematik sei also sowieso noch Vorsicht geboten. Bei fast allem anderen jedoch kann sie hervorragende Anstöße geben, wenn man die richtigen Fragen und Anweisungen stellt. Gerade für Menschen, denen das Formulieren von Texten eher schwerfällt, kann die KI eine enorme Erleichterung sein. Denn sie bietet durch erste Vorschläge einen Einstieg in den zu schreibenden Text, der dann nur noch umformuliert und erweitert werden muss. Auf diese Weise kann die KI die berühmte Angst vor dem weißen Blatt nehmen. „ChatGPT ist wie ein E-Bike fürs Gehirn: Es leistet den nötigen Anschub, aber lenken und fahren muss der Mensch trotzdem noch.“ Diese kritische Steuerung ist das A und O beim Nutzen der KI.

Parallel zum Input der beiden Referenten wurde auch im Chat durch die Teilnehmenden rege diskutiert: „Wer nicht gut Kopfrechnen kann, nimmt den Taschenrechner, wer nicht gut schreiben kann, die KI“, bemerkte ein Zuhörer pragmatisch und ein anderer ergänzte: „Vielleicht gibt es dann mehr Bildungsgerechtigkeit, sofern es kostenfrei bleibt.“ Dies ist in der Tat eine spannende Debatte. Zu der Annahme, dass durch die KI mehr Bildungsgerechtigkeit hergestellt werden kann, gibt es bereits einige Stellungnahmen und auch ein Positionspapier von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Technischen Universität München und Ludwig-Maximilians-Universität aus Bildungs-, Sozial-, Computer- und Datenwissenschaften. Doch wie sich die KI tatsächlich auf den Bildungsweg junger Menschen auswirken wird, hängt sicherlich auch davon ab, ob weiterhin gute kostenlose Tools zur Verfügung stehen werden und wie diese von den Lehrkräften in den Unterricht integriert werden, verdeutlichten die Referenten.

Natürlich gibt es von Seiten der Lehrkräfte auch Vorbehalte und so wurde auch bei unserer Veranstaltung diskutiert, wie Lehrkräfte denn erkennen können, wenn Schülerinnen und Schüler Texte mit KI erstellen und als ihre Arbeit einreichen. Dies zu erkennen, ist in der Tat schwer. Ein Anhaltspunkt können neben inhaltlichen Fehlern häufige Wiederholungen z.B. des Kernthemas sein, da Programme wie ChatGPT in der Formulierung immer wieder auf die gegebenen Stichworte oder Titel zurückgreifen. Doch langfristig wird es voraussichtlich schwierig bis unmöglich sein, von KI erstellte Texte zu identifizieren, so Kantereit und Schneider. Wesentlich sei es daher, nicht den Einsatz von KI zu verhindern, denn das wird ohnehin nicht gelingen. Sondern sicherzustellen, dass Schüler*innen in der Lage sind, die Texte so zu überarbeiten und kritisch zu prüfen, dass sie inhaltlich korrekt sind. Danach müsse die Leistung bemessen werden. In Zeiten von Medienüberfluss und Fake News sind das ohnehin Kompetenzen, die jeder braucht. „Das ist wie damals, als Wikipedia aufkam. Da wurde auch befürchtet, dass die Schüler nun keine Leistung mehr bringen müssen. Aber es reicht eben nicht, irgendeinen Text zu kopieren und als Hausaufgabe einzureichen. Ähnlich wird das jetzt auch wieder laufen“, so Kantereit.

Noch allerdings nutzen, wenn überhaupt, vor allem die Lehrkräfte KI wie ChatGPT (40 %) und nur 22% der Schülerinnen und Schüler einmal wöchentlich oder mehr (siehe Umfrage).

Jutta Schneider, die schon seit einigen Jahren als Expertin im Bereich der Digitalisierung und KI im Kontext Bildung und Berufseinstieg aktiv ist, betont das große Potential von ChatGPT & Co. als sogenannter StudyBudy im Schulkontext oder als Feedback-Assistenz bei der Arbeit. Denn die KI ist sehr gut in der Lage, Feedback zu Texten oder gelösten Aufgaben zu geben und auch sehr konstruktive Verbesserungsvorschläge zu machen. „Es muss also keineswegs immer darum gehen, mir Texte von der KI vorschreiben zu lassen, sondern ich kann auch meinen Text, etwa einen Aufsatz zu einem Ferienerlebnis oder auch ein Bewerbungsschreiben, dort einreichen und mir Tipps geben lassen, wie ich ihn interessanter gestalten könnte.“ Das kann eine große Erleichterung sein und die KI ist 24 Stunden am Tag verfügbar. So werden wir in Zukunft wahrscheinlich immer stärker im Dialog mit der KI stehen, um unsere eigene Arbeit zu verbessern und zu beschleunigen. Dies natürlich immer bei kritischer Bewusstheit, dass es sich um ein Programm und nicht um eine Person handele, so die Referenten. Ein Teilnehmer schrieb dazu passend im Chat: „Man kann sich geistiger Routinearbeit entledigen und Interpretation, Verständnis, Bewertung, etc. stärker in den Fokus rücken“ und „Mit jeder Weiterentwicklung der KI benötigen wir ‚höhere‘ Kompetenzen: Plausibilitätsüberlegungen, gesunder Menschenverstand, Kritikfähigkeit, Umgang mit Medien, Reflexionskompetenz.“

Vor allem ist es wichtig, die junge Generation fit zu machen für einen konstruktiven und kritischen Umgang mit KI. Z.B. mit der Future Skills Box, an deren Entwicklung Jutta Schneider gemeinsam mit SCHULEWIRTSCHAFT Deutschland, dem Netzwerk Berufswahlsiegel und IT Fitness beteiligt war. Sie bietet Schulen ein ausführliches Unterstützungspaket, um sowohl die Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen zu fördern als auch die Berufliche Orientierung im Kontext der Digitalisierung voranzutreiben. Der Schwerpunkt der Future Skills Box liegt auf der Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler auf die veränderte Arbeitswelt im Zeitalter Künstlicher Intelligenz. Diese bekommen einen Einblick in Zukunftsberufe und erweitern ihr Wissen über Anwendungsfelder von KI.

Die Future Skills Box kann hier kostenlos bestellt oder heruntergeladen werden.

Wir danken den beiden Referenten für die spannenden Einblicke, Denkanstöße, die umfassenden Informationen und den guten Austausch mit den Teilnehmenden. Übrigens wurde auch der erste Absatz dieses Artikels mit ChatGPT erstellt, musste aber noch einmal überarbeitet werden.

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